Portraitserie Galerieverein
Wir stellen unser Mitglied Maria Wegmann vor

«Wir realisierten, dass Frauen in den 80er-Jahren in den Museumsausstellungen sehr untervertreten waren. Aber sie waren da mit ihren Werken, die uns faszinierten und berührten. Da trafen wir die Endscheidung nur noch Frauen zu sammeln.» (Maria Wegmann)

Maria als leidenschaftliche Kunstsammlerin kennst du den Kunstmarkt und die grossen Museen der Welt. Dennoch ist deine Treue und Liebe für das Kunst Museum Winterthur (KMW) besonders. Erzähle uns doch warum das KMW eine solche Bedeutung für dich hat und was es besonders macht.

In Tokyo hatte ich Gelegenheit viele gute Kunstausstellungen zu sehen. Besonders fasziniert hat mich eine über Minimal Art. In dieser Ausstellung waren auch Bilder der Künstlerin Agnes Martin. Ihre minimalistische, spirituelle, fast meditative Dimension hat mir sehr gut gefallen. Ihre Kunst ist auf den ersten Blick reduziert, aber bei genauer Betrachtung sehr lebendig und voller subtiler Schwingungen.

Ich war erstaunt, als ich feststellte, dass diese für mich so aussergewöhnliche Künstlerin von Januar bis Mai 1992 eine Ausstellung im KMW hatte: Dieter Schwarz hat zur Ausstellung auch ein sehr schönes Buch über die Schriften von Agnes Martin herausgegeben.

Dieter wurde durch unser Sammeln von minimaler Kunst auf uns aufmerksam. Durch die Freundschaft mit ihm ergab sich eine starke Verbindung zum KMW. Konrad Bitterli setze diese Verbindung fort und ernannte mich zum Ehrenmitglied des Kunstvereins, worüber ich mich sehr freute.

In einer Zeit, in der viele Museen versuchen alles für alle zu sein, bleibt Konrad Bitterli und sein Team fokussiert und mutig. Genau das macht das KMW besonders.

Zusammen mit deinem verstorbenen Mann Henry hast du das KMW immer wieder mit Schenkungen beglückt. Auch als Mitglied des Galerievereins setzt du dich für die Erweiterung der Sammlung des KMW ein. Warum ist es wichtig, dass ein Museum seine Sammlung laufend erweitert?

Durch den Mut schon sehr früh (ab ca.1906) französische Kunst und besonders Impressionisten zu sammeln, gehört unser Museum zu den ältesten, öffentlichen Sammlungen in der Schweiz. Eine wesentliche Rolle führte Hedy Hahnloser-Bühler. Ohne ihre Leidenschaft, ihr Engagement und ihr Netzwerk wäre das Kunst Museum Winterthur nicht zu einem der führenden Museen für moderne Kunst in der Schweiz geworden. Kunst ist eine Reflexion der Gesellschaft. Es ist wichtig, immer weiter zu sammeln, denn Museen tragen eine zentrale Verantwortung für das kulturelle Erbe zukünftiger Generationen.

Dein persönlicher Sammelschwerpunkt ist Kunst von Frauen. Wie kam es zu diesem Fokus?

Da wir durch unsere Käufe an der Art Basel mit Galerien in Kontakt kamen, lernten wir an Vernissagen und Einladungen Künstler:innen persönlich kennen. Wir realisierten, dass Frauen in den 80er-Jahren in den Museumsausstellungen sehr untervertreten waren. Aber sie waren da mit ihren Werken, die uns faszinierten und berührten. Da trafen wir die Endscheidung nur noch Frauen zu sammeln. Doch keine Regel ohne Ausnahme. Henry und ich haben sie für spezielle Künstler gebrochen.

Als Sammlerin pflegst du eine persönliche Beziehung zu Künstlerinnen, deren Werke du erwirbst. Gibt es eine Biografie, welche dich besonders bewegt und deine Beziehung zur Arbeit dieser Künstlerin besonders prägt?

Das ist eine sehr schwierige Frage, finde ich doch alle meine Künstlerinnen auf ihre Art speziell und genial.

Doch wenn ich eine erwähnen muss, ist es Bethan Huws, die wir durch die Galerie Tschudi in Zuoz kennen gelernt haben. Sie ist die Künstlerin, die mich durch ihre konsequente, konzeptuelle Auseinandersetzung mit Sprache, Kunstgeschichte und ihren Arbeiten über Marcel Duchamp am meisten herausgefordert hat. Ihre Werke sind nicht laut, nicht spektakulär, sondern subtil, aber sie öffnen Raum zum Nachdenken, Hinterfragen, Innehalten. Sie verbindet persönliche Themen, Erinnerungen, Identität mit philosophischen Fragen. Das verleiht ihrer Arbeit eine doppelte Dimension – intim und doch universal.

Ich habe mich sehr für das Museum gefreut, als die Jury ihre Arbeit für die Verbindung unserer zwei Häuser ausgewählt hat. Schade konnte sie ihre Kunst nicht in einer grösseren Ausstellung der Öffentlichkeit zeigen.

Pia Fries
potosi, 1999
Kunst Museum Winterthur, Schenkung von Maria Wegmann-Müller, 2015

Ellsworth Kelly
Black Curves, 1996
Kunst Museum Winterthur, Ankauf mit Mitteln der Jubiläumsstiftung Kunstverein Winterthur, 2001