Provenienzforschung

Zu den Aufgaben eines Museums gehört nicht nur das Ausstellen und Vermitteln von Kunst, sondern auch ihre Erforschung. Ein wichtiger Teil dabei ist die Provenienzforschung, die sich mit der Herkunft von kulturellen Objekten beschäftigt. Ihr Ziel ist es, die Geschichte der einzelnen Kunstwerke zu kennen und die Wege, die sie von ihrer Entstehung bis zur heutigen Unterbringung im Museum genommen haben, aufzuzeichnen. Ähnlich wie die Materialien, die künstlerische Technik oder die Datierung gehört auch die Herkunftsgeschichte zu den wesentlichen Elementen, die ein Kunstwerk ausmachen. Die Erforschung dieser Objektbiografien ist kein reiner Selbstzweck, sondern sie berührt rechtliche und politische Fragen ebenso wie moralische und emotionale.

Fokus Nationalsozialismus
Seit einigen Jahren beschäftigt sich die Provenienzforschung verstärkt mit der Zeit des Nationalsozialismus. Zu den unzähligen und unglaublichen Verbrechen der Nazis gehörte auch die Enteignung vor allem jüdischer Menschen, wozu auch Kunstwerke gehörten. Sie wurden entweder dem Machtapparat zugeführt, verkauft oder zerstört. Die Schweiz nahm dabei als «neutraler» Staat, in dem Kunst mitten in Europa verkauft und gehandelt werden konnte, eine spezielle Stellung ein. Ein besonderer Fokus der Provenienzforschung richtet sich daher auf die Ankäufe zur Zeit des Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945.

Grundlagen der Provenienzforschung
Als Grundlage der Provenienzforschung am Kunst Museum Winterthur dienen die Ethischen Richtlinien für Museen des internationalen Museumsrats (ICOM), die Washingtoner Prinzipien von 1998 sowie der Erklärung von Terezin von 2009. Das Museum orientiert sich dabei am Begriff «NS-verfolgungsbedingter Verlust».

Provenienzforschung am Kunst Museum Winterthur
Im Kunst Museum Winterthur wird seit jeher Provenienzforschung betrieben, um die Herkunftsgeschichte der Kunstwerke möglichst vollständig nachzeichnen zu können. Seit 2018 werden sämtliche bestehenden Daten einer erneuten Überprüfung unterzogen, wobei die vielen Ergebnisse der jüngsten internationalen Forschung einbezogen werden können.

Strategie
Der Kunstverein Winterthur verabschiedete 2024 eine Strategie für die Provenienzforschung. Darin sind die Grundlagen, wesentlichen Eckpunkte sowie das allgemeine Vorgehen festgehalten.

Im Fall von berechtigten Ansprüchen verpflichtet sich das Museum «faire und gerechte Lösungen», wie sie von den Washingtoner Prinzipien vorgesehen sind, zu suchen. Diese können Restitutionen und Entschädigungszahlungen bedeuten, ebenso wie Hinweise und Beschriftungen beim entsprechenden Kunstwerk oder anderswo, um auf die Geschichte und die Vorbesitzer:innen aufmerksam zu machen.

Das vollständige Strategie-Papier finden Sie hier zum Download:

Strategie Provenienzforschung