Die Kathedrale
um 1818

Museum Georg Schäfer, Schweinfurt

Es wurde vermutet, dass die Kirchenfassade des Werks durch den Meissner Dom angeregt wurde. Andere sahen einen engen Zusammenhang mit Friedrichs Plänen für die Ausstattung der Marienkirche in Stralsund. Man darf trotz visionärer Gestaltung also davon ausgehen, dass dem Aussehen ein realer Kern zugrunde liegt.

Der Regenbogen, der die Gruppe der Engel abgrenzt – die wahrscheinlich von Friedrichs Frau Caroline gezeichnet wurden – ist ein altes Symbol der Versöhnung Gottes mit den Menschen. Hinzu kommt eine ganze Gruppe von christlichen Symbolen wie der Sonne in der Kreuzmitte, das Dreieck als Zeichen der Dreifaltigkeit, die Arma Christi sind gezeigt (bis auf die Dornenkrone), alle umringt von einem Engelschor. Diese Häufung religiöser Symbole unter einer in himmlischen Sphären schwebenden Kathedrale machen das Bild zu einer Apotheose der christlichen Kirche.

Es wurde darauf hingewiesen, dass in der Zeit der Napoleonischen Kriege – als das Werk entstand – die gotische Kathedrale nicht bloss für Religion steht, sondern auch als Symbol für ein zukünftiges, progressives «vergeistigtes Christentum» diente. Dieses sollte die alten Strukturen des zerstückelten Deutschlands überwinden können. Friedrich, ein enger Freund der verfolgten Demagogen, könnte in seinem Gemälde also auch die Vision einer aus aller Erdenschwere herausschwebenden neuen national-christlichen Zukunft dargestellt haben.

Das Bild ist wahrscheinlich ein unvollendetes Werk, denn es finden sich an einigen Stellen immer noch sichtbare Vorzeichnungen in Bleistift, was Friedrich für gewöhnlich nicht zugelassen hat. Daher dürfte es auch nicht verkauft worden sein und so findet sich im Nachlassverzeichnis ein Eintrag, der ein «angefangenes Bild mit einem Kruzifix» und «goldenem Rahmen in Spitzbogenform» nennt. Dieser war in den 1960er-Jahren entfernt worden und wurde erst jetzt für diese Ausstellung nach alten Fotos wieder neu hergestellt.