Caspar David Friedrich und die Vorboten der Romantik

Museum Georg Schäfer, März 2023 – Juni 2023 | Kunst Museum Winterthur, Herbst 2023

Caspar David Friedrich, Der Abend, vor 1820/21, Öl auf Holz, 22,5 x 31,2 cm,
Museum Georg Schäfer, Schweinfurt
© Museum Georg Schäfer, Schweinfurt

Caspar David Friedrich, Kreidefelsen auf Rügen, 1818, Öl auf Leinwand, 90 x 70 cm,
Kunst Museum Winterthur
© Kunst Museum Winterthur

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Kaum ein anderes künstlerisches Œuvre der Romantik erfuhr seitens der Forschung derart un­terschiedliche Interpretationsansätze und Deutungsebenen wie das herausragende Werk von Caspar David Friedrich (1774–1840). Bisher wenig Beachtung fand dabei die Frage, welche Rolle die Traditionen der Landschaftsmalerei über die klassische Ausbildung zwischen Theorie und Praxis hinaus als Anregung gespielt haben könnten. Gab es nicht bereits Vorboten der Romantik im Sinne einer Naturstimmung als subjektives und doch zugleich pantheistisches Naturerlebnis beim Betrachter? Dieser Frage gehen das Museum Georg Schäfer und das Kunst Museum Winterthur in einer gemeinsam konzipierten Ausstellung nach.

Ziel der Ausstellung ist es, das Schaffen Friedrichs in einen Bezug zu Werken seiner künstlerischen Quellen und Vorgänger zu stellen, also kunsthistorische Achsen aufzubauen, aber auch die Rezeption dieser Vorboten in der Malerei aufzuzeigen. Ein solches Ausstellungs-vorhaben ist neu. Es ist bereits dadurch legitimiert, dass es im Frühwerk Friedrichs Hinweise einer Anknüpfung an die Leistungen früherer Landschaftskunst des 17. und 18. Jahrhunderts gibt. Friedrich folgte dabei dem vor allem in der Dresdner Hofmalerei unter C. W. E. Dietrich, genannt Dietricy, ge­pflegten Trend, die Werke jener niederländischen Maler als Vorbild zu nehmen, welche die Naturphänomene Mittelitaliens in ihren Werken verarbeiteten.

In der Gegenüberstellung der Arbeiten Caspar David Friedrichs mit diesen «feierlichen Land-schaften» (C. C. L. Hirschfeld) soll deutlich werden, wie sehr diese selbst aus der Sicht der Gene­ration um 1800 als Stimmungsbilder und Vermittler von überzeitlichen Aussagen aufgefasst werden konnten. Die Leistungen dieser «Erfinder der Landschaftsmalerei» liegen gerade im grossen Spielraum zwischen realer und idealisierter Naturdarstellung und der Erzeugung einer Stimmung beim Betrachter. Dies finden wir in den Mondscheinlandschaften von Aert van der Neer, den Sonnenuntergängen von Claude Lorrain, aber auch in den religiös unterlegten Wald­landschaften von Jacob van Ruisdael, den Goethe als «malenden Dichter» bezeichnete. Ebenso liefern einsame Zeichner an der Küste wie auch im Felsenmeer, wie sie etwa im Werk Allaert van Everdingens zu finden sind, in dieser Lesart vielschichtige Interpretationsmöglichkeiten.

Auch die Landschaftsmaler des 18. Jahrhunderts schufen Grundlagen für Friedrich und seine Zeitgenossen. Die Aufklärung brachte ein neues Naturverständnis, das sich auch die Maler zu eigen machten. Die subjektive Naturerfahrung trat verstärkt ins Blickfeld und mit ihr die Frei­lichtmalerei und das Erkunden der heimischen Landschaft. Insbesondere die Entdeckung der Sächsischen Schweiz als malerisches Motiv durch den in Paris ausgebildeten Schweizer Adrian Zingg, der 1766 nach Dresden an die Akademie kam, spielte dabei eine entscheidende Rolle.

Im spannenden Vergleich mit diesen Wegbereitern der Romantik erschliesst sich das Œuvre Caspar David Friedrichs unter neuen Perspektiven – und macht gleichzeitig sein herausragen­des Talent und seinen eigenständigen Beitrag zur Kunst umso deutlicher.

Unsere beiden Museumsbestände vereinen zusammen mehr als zwanzig Meisterwerke von Caspar David Friedrich, ergänzt werden sie durch ausgewählte internationale Leihgaben. Diese gross angelegte Ausstellung präsentiert sich im doppelten Sinn als «Vorbotin» ein Jahr vor dem 250-jährigen Geburtstag des Künstlers im Jahr 2024. Ein umfangreicher Katalog erläutert den hier skizzierten Ansatz.

Kuratoren
Wolf Eiermann, David Schmidhauser, Konrad Bitterli